Training

[Gedanken] Lilly Langstrumpf & die Begleithundprüfung

Wenn wir eins von Hunden lernen können, dann ist es im Hier und Jetzt zu leben. Ungefilterte Freude zu spüren und nach der eigenen Intuition zu handeln.

 

Letzte Woche saß ich mit einer Freundin bei strahlendem Sonnenschein in einem Cafe. Lilly lag neben mir auf dem Boden als ein älterer Herr mit seinem Golden Retriever direkt auf uns zu kam.

Er fragt nicht ob es ok sei, er kam einfach gerade auf uns zu. Als er und sein Hund noch etwa 1,5 Meter von uns entfernt waren, sprang Lilly auf und begrüßte die beiden. Freundlich. Sie wedelte mit der Rute, hüpfte in kleinen Sprüngen um den Hund, beschnupperte ihn und begrüßte dann auch sein Herrchen. Sie sprang nicht an ihm hoch, sie berührte ihn aber in freudiger Erwartung ob er sie vielleicht streicheln oder ihr sogar ein Leckerli geben würde. „Hey Leute, schön dass ihr hier seid, ich bin Lilly, ist es nicht ein schöner Tag? Ich bin glücklich, wie geht es Euch?“

So in etwa mussten Lilly´s Gedanken gewesen sein, als der Herr trocken zu mir sagte „Die Begleithundprüfung haben Sie nicht gemacht, oder?“ Ich war sprachlos und versuchte erstmal einzuordnen was er mir mit seiner Anmerkungen hat sagen wollen, überlegte noch ob ich ihm Lilly´s Geschichte erzählen sollte, dass wir erst seit Dezember wieder in Deutschland sind und es in Griechenland gar keine Begleithundprüfungen gibt, dass ich mich gerade damit beschäftige, aber noch nicht sicher bin ob das für mich und meine Maus überhaupt etwas ist.. als er hinzufügte „Das Wort Begleithundprüfung haben sie wohl noch nie gehört“. Immer noch sprachlos holte ich Lilly zu mir zurück. Die beiden Hunde beschnupperten sich ganz friedlich als ihm noch eine Gemeinheit einviel: „Die Krallen müsste man ja auch mal wieder schneiden.“ Was?!

Er ging und setze sich ein paar Tische weiter. Ich blieb völlig vor den Kopf gestoßen zurück.

Eine wirre Begegnung und es hat eine Weile gedauert, bis ich Begriff, das der ältere Herr mit seiner Anmerkung zur Begleithundprüfung wohl kritisierte, dass Lilly ohne mein OK aufgesprungen ist und freundlich seinen Hund begrüßt hatte. Das sie nicht liegen blieb bis ich es ihr erlaubt und das sie voller Energie ein wenig unkontrolliert die beiden begrüßt hatte.

Ich habe vor dieser Begegnung, gerade in den letzten Wochen, immer wieder darüber nachgedacht, ob ich die Begleithundprüfung wohl mit Lilly machen sollte. Ein klares Trainingsziel hatte ich als schöne Idee empfunden noch mehr mit Lilly zu trainieren, hatte aber auch abgewägt, ob das was werden kann. Die meisten der Kommandos die Lilly kennt sind englisch, das wird bestimmt nicht akzeptiert, oder? Sie geht nur rechts bei Fuss, links habe ich ihr nie beigebracht, es gab für mich keinen Grund. Ist es mir wichtig dass sie das kann? Sie hat vor vielem Angst, schaffen wir das?

Seit dieser Begegnung habe ich andere Gedanken. Muss mein Hund so gehorsam sein, dass er sich erst freut, wenn ich es ihm erlaube? Muss Lilly jedem Impuls Wiederstehen können? Warum? Sie ist sicher nicht perfekt trainiert und erzogen, aber auch keine Gefahr für irgendjemanden, sie ist nicht aggressiv. Um sie vor Gefahren zu schützen, bin ich da. Ich nehme sie an die Leine wenn uns jemand begegnet, an die lange Leine wenn ich sie davor schützen will, vor lauter Liebe zum Wasser, in den reissenden Fluss zu springen… sie ist wild und frei wenn wir in der Natur sind, aber zuverlässig an meiner Seite wenn wir durch die Stadt gehen. Sie legt sich unter oder neben den Tisch und beobachtet ruhig das geschehen. Manchmal bellt oder knurrt sie, aber ich glaube sie wird ihren Grund haben. Ich mag ja auch nicht jeden.

Lilly agiert und reagiert aus dem Moment. Wenn sie Freude empfindet zeigt sie das, wenn sie etwas will macht sie das deutlich und wenn ich traurig bin tröstet sie mich. Lilly lebt im jetzt, sie ist meine Pippi Langstrumpf, sie ist nicht immer vernünftig aber auf keinen Fall gefährlich.

2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….

Hey – Lilly Langstrumpf
trallari trallahey tralla hoppsasa
Hey – Lilly Langstrumpf,
die macht, was ihr gefällt.

Ich bin stolz darauf das sie so ist. Das sie ihren eigenen Kopf hat, das sie mir auch mal widerspricht, das sie ein wenig verrückt ist, das sie wild ist, mutig aber auch mal ängstlich, das sie mir nicht total unterwürfig ist. Das sie ganz genau versteht was ich von ihr will, mir tief in die Augen schaut und dann ganz bewusst das Gegenteil tut. Frech ist sie und ich hab so viel Freude daran!

Wir sind ein Team, das einander sehr bereichert und ich weiß nicht, warum ich Lilly´s impulsive Freude irgendwie kontrollieren sollte. Im Gegenteil, ich sollte lernen mehr wie Lilly zu sein. Dann hätte ich dem guten Mann nämlich meinen Kaffee über sein feines Jagd-Jäckchen geschüttet und ihm gesagt er solle mit seinem Hund lieber in großen Pfützen und dreckigen Äckern toben gehen, anstatt ihm jeden Impuls von Freude zu nehmen.

Zu Lilly hab ich im Cafe noch gesagt: „Der arme hat vielleicht perfekt geschnittene Krallen, aber in einer Pfütze durfte der heute noch nicht spielen“.

Mir ist wichtig, dass ihr versteht, dass ich ganz und gar nicht gegen die Begleithundprüfung bin. Ich möchte niemanden unterstellen, dass er seinem Hund die Freude nimmt wenn er diese Prüfung macht. Nur in diesem Fall, war mir das Gehorsam und vor allem die Erwartung an meinen Hund einfach zu viel des Guten. Das sind meine Gedanken zu einer Situation, die mich nun doch ein paar Tage nachdenklich gestimmt hat. Vielleicht machen Lilly und ich die Prüfung irgendwann mal, aber jetzt schauen wir erstmal ob wir noch ein Mauseloch zum buddeln finden oder eine Pfütze, oder oh noch besser, vielleicht hat irgendwo ein Bauer gerade frisch mit Gülle gedüngt… „Mum, los, los, los! Zieh Deine Gummistiefel an! Rennen wir gleich noch mal zusammen durch die große matschige Pfütze von heute morgen?“

Happy Dog Life
Lena & Lilly Langstrumpf

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4 Comments

  • Reply
    Sabine Schmidt
    10. Oktober 2017 at 1:11 pm

    Hallo,
    ich finde, Deine Lilly ist genau richtig so:-)…wenn man einen Hund überall mit hin nehmen kann und er sich nett verhält, finde ich das eine tolle Erziehung.
    Wir Menschen machen ja auch keine Prüfung, obwohl das dem einen oder anderen bestimmt gut täte*lach*…Solche Prüfungen sind ja grundsätzlich nicht verkehrt,
    aber sie sind für mich keine Grundvoraussetzung. Meine Freundin hatte sie mit ihrem Goldie gemacht, da sie damals ein Baby erwartet hat. Da war es schon
    angebracht, das der Hund exakt hört, weil sie wollte nicht dem Kind und den Hund gleichzeitig „hinterher rennen“. Emily ist dann wirklich auch exakt auf einem
    Punkt am Spielplatz liegen geblieben, egal ob andere Kinder oder Hunde kamen…

    LG

    Sabine + Maya

    • Reply
      LILLY & LENA
      10. Oktober 2017 at 3:46 pm

      Vielen lieben Dank für Deine lieben Worte und Deine Zustimmung! Ich denke auch, der Hund muss in meinem Leben funktionieren und das tut Lilly ganz wunderbar. Liebe Grüße, Lena

  • Reply
    Sandra & Shiva
    10. Oktober 2017 at 5:34 pm

    Liebe Lena und Lilly,

    ihr zwei seid doch perfekt! Ihr seid ein tolles Team und Lilly hat erst reagiert, als der andere Hund in ihren Wohlfühlbereich kam. Sie hat freundlich reagiert. Shiva hätte ihm gezeigt, dass diese Nähe nicht erwünscht ist und ihn verbellt. Übrigens… Shiva hat die Begleithundeprüfung erfolgreich als Tagesbeste abgelegt und trotzdem ist jeder Tag, jeder Gassigang ein Kampf gegen Ängste. Nicht gegen den Gehorsam. Der ist bei Shiva tipptopp, aber sie kann aus einem Angstimpuls heraus doch anders reagieren, als erwartet. Mach dir keine Gedanken, solche Menschen sind ganz armselig und möchten sich dadurch profilieren, dass sie andere schlecht machen.

    Fühl dich gedrückt!
    Sandra & Shiva

  • Reply
    Team Hundeseele
    11. Oktober 2017 at 2:47 pm

    Liebe Lena und Lilly,
    ihr zwei seid wunderbar und Lilly hat gut reagiert.
    Ich finde es bei meiner Hündin wichtig das sie sich gut benimmt wenn ich mit ihr unterwegs bin und das tut sie auch. Lady hat auch keine Begleiterprüfung. LG Claudia

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