dies & das Lilly Training

Lilly, liebst Du mich? Warum ich Zweifel hatte…

Ich hatte hier und da schon mal berichtet, dass die „Weglauf-Strategie“ bei uns überhaupt nicht funktioniert. Bis zu 20 Minuten saß ich schon im Gebüsch, hab mich versteckt und gewartet, dass Lilly irgendwann vom Buddeln im Mauseloch ablässt und mich sucht. Erst neulich habe ich es wieder versucht, als Lilly am Fluss-Ufer im Schlamm gebuddelt hat und nicht mehr abrufbar war. Ich war für sie 15 Minuten außer Sichtweite, in einer Umgebung die sie nicht kannte. Keine Reaktion.

Einfach weglaufen, mich verstecken, das ist mir schon sehr oft von verschiedenen Menschen und auch Hundetrainern geraten worden, denn bei den meisten Hunden scheint das gut zu funktionieren. Bei uns nicht.

Warum nicht? Ist es ihr egal, wenn ich weg bin? Liebt sie mich nicht? Zweifel…

Als wir gestern bei unserer Hundetrainerin Ines in Emerkingen waren, (wegen unserem Abrufproblem bei Mäuselöcher und im und am Wasser) habe ich ihr meinen Frust darüber erzählt, dass Lilly überhaupt nicht darauf reagiert, wenn ich weg bin.

Mit einem Schmunzeln erzählte ich ihr, das Lilly mir vielleicht einfach sehr ähnlich ist. Unabhängig, selbständig, freiheitsliebend…

Ines stimmte mir zu, das Lilly sicher einen sehr ausgeprägten Charakter hat. Auch weil ich sie als Welpe weniger „geformt“ als mehr sich selbst entwickeln lassen habe. Von Beginn an, war unser Training nie darauf basiert, Lilly zu zeigen das ich der Rudelführer bin und ich das sagen haben. Das Training im Welpen Alter kam bei uns sowieso leider etwas zu kurz. Wer hier unsere Story schon mal gelesen hat, weiß, dass Lilly und ich vielmehr ums Überleben gekämpft haben (z.B. wo schlafen wir am nächsten Tag und in welches Land geht es als nächstes) und als Team funktionieren mussten. Wir haben uns gegenseitig „gerettet“, Lilly zur Unterwürfigkeit zu erziehen kam mir gar nicht in den Sinn. Sie hat heute also einen sehr ausgeprägten Charakter, der meinem in positiven wie in negativen Dingen sehr ähnelt 😉

Aber das ist alles nicht der eigentliche Grund, warum Lilly völlig unbeeindruckt ist, wenn ich auch Sichtweite bin. Ines Erklärung dafür, hat mich erst überrascht und dann auf Wolke 7 schweben lassen! Es ist könnte nämlich auch so sein…

Die „Weglauf-Strategie“ wird meistens schon im Welpen Alter eingesetzt, um früh einen sicheren Rückruf zu trainieren. Anders als ein erwachsender Hund, hat ein Welpe bei diesem „Spielchen“ nicht nur Angst allein gelassen zu werden (er hat ja kürzlich erst seine Mutter und Geschwister Rudel verlassen müssen), sondern Todesangst, wenn er plötzlich alleine ist. Nochmal will er sein (neues) Rudel nicht verlieren! Einen Welpen alleine zu lassen, bringt ihm also bei, dass er immer einen Blick auf Frauchen oder Herrchen haben sollte, denn wenn er nicht aufpasst sind die einfach weg. Ein so aufgebauter Rückruf basiert auf der Angst des Hundes Frauchen oder Herrchen zu verlieren und nicht darauf, dass er einfach so gerne bei Frauchen und Herrchen ist. Das tut er ganz bestimmt, aber manchmal ist es halt auch einfach toll zu Schnüffeln, zu Buddeln oder mit anderen Hunden zu spielen. Und wenn man darüber kurz nachdenkt, sei das dem Hund ja auch gegönnt und zwar am besten ganz sorglos, ohne eine immer präsente Angst verlassen zu werden. Ich hatte das so noch gar nie gesehen, finde aber es macht Sinn.

Ines sagte mir also, ich solle Lill’s Verhalten als riesen Kompliment sehen. Denn scheinbar verlässt sie sich so sehr auf mich, dass sie sich beim Buddeln einfach keine Gedanken darüber macht ob ich da bin oder nicht. Denn für sie, bin ich immer da, auch wenn sie mich nicht sieht. Unrecht hat sie damit ja auch gar nicht, niemals würde ich Lilly tatsächlich irgendwo alleine lassen. Sie ist einfach vollkommen sorglos, weil sie mir so sehr vertraut.

Und tatsächlich ist es so, dass auch ich ihr sehr vertraue. Ich weiß sie kommt immer wieder, wenn sie ins Maisfeld verschwindet oder am anderen Ufer des Flusses steht, weil sie ein Päuschen vom Entenjagen macht. Es ist alles nur eine Frage der Zeit und solange sie nicht in Gefahr ist, bleibe ich dabei auch recht gelassen. Für außenstehende wirkt das immer wieder etwas fragwürdig und manchmal lasse ich mich dann auch von ihnen in einen Anflug von Panik versetzen. Der Hund ist weg, du musst etwas machen! Muss ich nicht, nur warten.

Anders sieht es natürlich aus, wenn Lilly in Gefahr ist oder sich in Gefahr begeben könnte. Wenn sie z.B. in einem Mäuseloch feststeckt und ein Traktor kommt – davor hat sie Angst und sie reagiert mit „bellend auf den Feind zu rennen“ – wodurch sie unter die Räder gelangen könnte. Dann nehme ich beide Beine in die Hand und renne zu ihr um sie anzuleinen. Auf dem anderen Flussufer könnten auch andere Hunde vorbeilaufen, die nicht freundlich sind, oder es ist eine Straße in der Nähe…

Lilly verlässt sich also zwar komplett auf mich, aber nicht immer kann ich sie beschützen, wenn sie meinen Rückruf nicht folgt. Ich befürchte, das ist etwas das Lilly nicht ganz klar ist. Darum waren wir gestern bei Ines und haben uns erklären lassen, wie wir das Thema angehen können. Im Training hat Lilly sofort super mitgemacht und auch heute auf unserer Morgenrunde hatten wir große Erfolge. Wie wir das Thema genau angehen, werde ich euch in einem separaten Artikel erklären, aber erstmal möchte ich eine Weile mit ihr daran arbeiten, um euch die tatsächlichen Erfolge dann auch aufzeigen zu können. Und weil ich mich im Glücksgefühl meiner neuen Erkenntnis, über die Beziehung zwischen Lilly und mir, jetzt erstmal eine Weile baden möchte…

Eins sei aber noch erwähnt. Das Verhalten eures Hundes beim „Weglaufen“ ist nicht immer auf Angst gebaut, verschiedene Rassen und Charaktere verhalten sich hier ganz unterschiedlich. Ein Hütehund lässt sein Rudel aus Prinzip nicht aus dem Auge, das muss das nicht mit einem antrainierten Angstverhalten zusammenhängen! Was aber andersrum immer möglich ist, ist bei jedem Hund ein Verhalten auf Basis von Ängsten auszulösen. Unschön und muss nicht sein. Lasst uns unsere Hunde mit Freude und Begeisterung trainieren. Das dauert manchmal etwas länger, aber lieber etwas Geduld haben und einen Hund der mit der Rute wedelt, wenn er ein Kommando ausführen darf, als ein Hund der mit eingezogener Rute demütig alles befolgt. Stimmt ihr mir zu?

 

Wer von euch hat mit diesem Artikel auch gemerkt, dass Du Deinem Dein Hund doch viel mehr bedeutest, als Du bisher angenommen hattest?

xxx
Eure Lena

 


WERBUNG, weil ich den Namen unserer Hundetrainerin genannt habe. Keine Kooperation. Ich habe das Hundetraining selbst bezahlt. 😉 Sie hat aber über den Artikel noch mal final drüber gelesen, damit ich euch keinen Blödsinn erzähle! 

Bilder: Alexandra Sinz 

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5 Comments

  • Reply
    Manuela
    23. August 2018 at 11:31 pm

    Ich danke dir so sehr fuer diesen Beitrag!! Meine Maus kam mit 7 Monaten zu mir – die Welpen Praegephase war schon lange rum. Also uebten wir und uebten..und wie oft ich schon weg gelaufen bin. Nie schien es sie gross zu kuemmern…
    Aber wenn ich mir die Situationen nochmal ins Gedaechtniss rufe und an deine Worte denke…vermutlich ist es bei uns eine aehnliche Situation?
    Ich hatte genau die selben Gedanken wie du! Der Abruf funktioniert bei uns auch noch lange nicht super.
    Ich bin sehr gespannt auf deinen Blogbeitrag dazu!!

    • Reply
      LILLY & LENA
      24. August 2018 at 1:09 am

      Oh ich freu mich sehr, dass Dir die Erkenntnis auch so geholfen hat! Manchmal muss man einfach mal anders auf die Dinge schauen. Ich bin immer noch ganz im Glück!

  • Reply
    Henry Kleinstoll
    24. August 2018 at 6:24 am

    Hi Lilly, in den USA has been developed an devise that produces ultra sound which is part of an collar belt waterproof and very efficiency. It does no harm to the dog but it reminds our fury friends, that we eventually wait for them to come back. I would try that with your LENA. Neutralization would be also a good thing to do that makes Dogs more connected to their owners

  • Reply
    Jennifer & Mika
    24. August 2018 at 1:46 pm

    Bei uns ist es exakt das gleiche. Aber ich habe es tatsächlich schon so gesehen, dass er einfach so kindlich und naiv durch die Welt spaziert, immer mit dem Gedanken: Mir passiert schon nichts, Frauchen ist ja da. Das stimmt natürlich, trotzdem will ich, dass mein Hund immer abrufbar ist, wenn eben doch mal eine Gefahr da ist. Verstehe dich also total und bin sehr gespannt auf die Trainingsmethode.

  • Reply
    Anja
    31. August 2018 at 4:36 pm

    Danke für deine tollen Worte. Ich habe das noch nie aus dieser Sichtweise betrachtet aber du hast so Recht. Im Grunde ist es sehr großer Vertrauensbeweis. Aber ich kann deine Ängste auch sehr gut verstehen, wollen wir doch stets unsere Fellnasen beschützen. Der Rückruf klappt bei uns zwar in der Regel super, da beide Hunde sehr achtsam sind. Aber Hugo hat große Angst vor Knallereien oder lautem Lärm. Früher ist er dann einfach weggelaufen, dass hat mich natürlich in Panik versetzt und ich hatte immer Angst, dass ihm dabei mal was passiert. Nach einigem Training, gab es dann diesen einen Moment, er knallte laut und meiner erster Gedanke war, gleich ist er weg. Aber Hugo schaute mich an und lief zu mir und drückte sich an mich. Das war der schönste „Liebesbeweis“ für mich.
    Alles Liebe Anja, Rocky & Hugo

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